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„Schlechte Lehrtätigkeit schadet dem Wachstum“ – Professor bemängelt ökonomische Bildung in Schulen

BREMERHAVEN/KREIS CUXHAVEN. Den Unternehmen gehen die Fachkräfte aus . Das liegt einerseits am demografischen Wandel, andererseits aber auch an einer anderen Tatsache: „Vielfach sind die Schüler nicht so ausgebildet, wie sie es sein sollten“, sagt Ingo Kramer, Präsident der Industrie- und Handelskammer Bremerhaven. Hilfestellung gibt seit einigen Jahren das Netzwerk Schule, Wirtschaft und Wissenschaft für die Region Unterweser e.V. Doch ein außerschulisches Netzwerk kann noch so gut sein; wenn das Bildungssystem nicht stimmt, ist das Ergebnis nicht optimal. Das betont Professor Dr. Hans Kaminski vom Institut für Ökonomische Bildung an der Universität Oldenburg.

Ökonomische Bildung ist ein integraler Bestandteil der Allgemeinbildung. Ziel ist es, die bestehenden Verhältnisse verstehen zu können, nicht schon in der Schule eine Berufsausbildung anzubieten“, erklärte er jetzt während einer Informationsveranstaltung des Netzwerks und verdeutlichte es mit einem Beispiel: Um am Straßenverkehr teilnehmen zu können, muss man die Verkehrszeichen und die Regeln kennen. Und dieses ökonomische Wissen müsse vernünftig und durchdacht vermittelt werden. „Es reichen keine ökonomischen Kaffeefahrten“, betonte Kaminski. Er fordert ein Gesamtkonzept für die ökonomische Bildung in der Schule. Das Hauptproblem sei dabei der Föderalismus, also die Tatsache, dass Schule Ländersache ist. „Dadurch gibt es didaktische Zollgrenzen“, meinte er. Benötigt würden einheitliche und klare Lehrpläne sowie eindeutige Fächerstrukturen. „Dabei muss die ökonomische Bildung in den Fächern verankert sein. Fächerübergreifender Unterricht ist ein Staatsbegräbnis erster Klasse“, machte Kaminskli deutlich. Ebenso wichtig sei es, dass die Lehrer entsprechend qualifiziert seien. In Niedersachsen haben seinen Angaben nach nur 0,8 Prozent aller Lehrer eine Fachausbildung für Ökonomie. „Aber eine schlechte Lehrtätigkeit hat Auswirkungen auf Wachstum und Wohlstand“, warnte Kaminski. Der Oldenburger Professor lobte allerdings ausdrücklich die Arbeit des Netzwerks Schule, Wirtschaft und Wissenschaft für die Region Unterweser: „Sie haben hier etwas Tolles und sind auf dem richtigen Weg. Allerdings darf die ökonomische Bildung nicht nur auf gut ausgebauten Teilstrecken stimmen.“ Bildung sei ein Standortfaktor. Das konnte Nils Schnorrenberger von der Bremerhavener Wirtschaftsförderung BIS nur unterstreichen. „Das Vorhandensein gut ausgebildeter Menschen ist mittlerweile zu einem wichtigen Faktor bei der Ansiedlung von Firmen geworden – und auch zu einem engen Flaschenhals.“

Verbesserung der Schnittstellen nötig

Er wünscht sich vor allem eine Verbesserung der Schnittstellen zwischen Schule und Beruf. Das betonte auch Kramer: „Wir müssen die jungen Leute gut ausbilden und es ihnen schmackhaft machen, in der Region zu bleiben.“ Wie stark mittlerweile der Kampf der Unternehmen um geeignete Bewerber ist, davon konnte Tönjes Itgen vom Energieversorger EWE berichten. Dieser musste auf ein starkes Sinken von Bewerbungen reagieren – zumal im Unternehmen vermehrt Arbeitnehmer in den Ruhestand gingen. Seit 2007 kümmert sich EWE durch das Anbieten von Praktika, Veranstaltungen für Schüler sowie die Teilnahme an Ausbildungs- und Studienmessen um Nachwuchs. Seit 2010 ist der Energieversorger Mitglied im Netzwerk Schule, Wirtschaft und Wissenschaft. „Das hatte Erfolg: Wir konnten die Bewerberzahlen stabilisieren“, berichtete Tönjes.

von Christoph Bohn, SonntagsJournal, 10.02.2013,

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